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Polen im Chopin-Fieber

Internationaler Klavierwettbewerb und hochkarätige Festivals

Die zweite Jahreshälfte 2015 steht in Polen ganz im Zeichen des großen polnischen Komponisten Fryderyk Chopin, der in diesem Jahr 205 Jahre alt geworden wäre. Im Oktober findet das Finale des 17. Internationalen Chopin-Klavierwettbewerbes in Warszawa (Warschau) statt. Seine 70. Ausgabe feiert vom 7. bis 15. August das Internationale Chopin-Festival im Kurort Duszniki-Zdrój (Bad Reinerz). Es gilt als ältestes Klavierfestival der Welt. Nahtlos ist der Übergang zum 11. Internationalen Musikfestival „Chopin und sein Europa“, das vom 15. bis 29. August in der polnischen Hauptstadt veranstaltet wird.

Der Zweite Weltkrieg war gerade erst vorbei, die Situation in den ehemaligen deutschen Ostgebieten unübersichtlich und niemand wusste, wie lange die Grenzen stabil bleiben sollten. Alles schien 1946 wichtiger zu sein, als ein Festival der Klaviermusik zu begründen. Dabei war der Gedanke des polnischen Adeligen Ignacy Potocki gar nicht so abwegig. Chopin war als Jugendlicher zum Kuraufenthalt im damals preußischen Bad Reinerz und gab dort sein erstes Konzert im Ausland. So knüpfte das Festival an einen polnischen Nationalhelden an und setzte damit ein kulturelles Zeichen in den neuen Westgebieten, das bis heute Bestand hat. Das sensationelle Eröffnungskonzert gab die damals 76-jährige Zofia Rabcewicz. Die Schülerin von Anton Rubinstein zählte in der Zwischenkriegszeit zu Polens wichtigsten Pianisten.

In ihre Fußstapfen treten heute so berühmte Künstler wie der ukrainisch-australische Pianist Alexander Gavrylyuk, Rubinstein-Preisträger von 2005. Gemeinsam mit den beiden Chopin-Preisträgern Dang Thai Son (1980) aus Vietnam und der Russin Yulianna Avdeeva (2010) bestreitet er den Abschlussabend am 15. August. Zuvor warten acht Tage Klaviermusik vom Feinsten auf die Besucher des niederschlesischen Kurortes. Den Auftakt macht das Kammerorchester „Amadeus“ unter Leitung von Agnieszka Duczmal, mit Kevin Kenner und Philippe Giusiano am Klavier, beide Zweitplatzierte des Internationalen Chopin-Wettbewerbes. Mit dem Österreicher Ingolf Wunder und dem Litauer Lukas Geniušas spielen zudem die beiden Zweitplatzierten des letzten Wettbewerbes von 2010. Mit Spannung wird auch der Auftritt von Eric Lu am 11. August erwartet. Der 1997 geborene Pianist ist Preisträger des diesjährigen nationalen Chopin-Wettbewerbs der USA. Der 1975 in Miami gegründete Wettbewerb soll Nachwuchstalente fördern und ihnen eine Teilnahme am bedeutenden Warschauer Wettbewerb ermöglichen.

Insgesamt 32 Rezitale, Kammer- und Symphoniekonzerte erwarten die Besucher beim elften Festival „Chopin und sein Europa“ in der zweiten Augusthälfte in der polnischen Hauptstadt. Das diesjährige Motto lautet „Von Chopin bis Skrjabin“. Ausgehend von der Wirkkraft Chopins geht es auf die diesjährigen Jahrestage dreier Komponisten ein. So wird eine direkte Linie gezogen zum 175. Geburtstag Piotr Tschaikowskis, zum 150. Geburtstag von Jean Sibelius und zum 100. Todestag von Alexander Skrjabin. Gespielt werden aber auch polnische Komponisten wie Szymanowski, Wolff und Lipiński sowie „Evergreens“ der Klassik von Beethoven über Liszt bis Elgar.

Den Auftakt im Konzertsaal der Nationalphilharmonie macht am 15. August der Tschaikowski-Preisträger von 1994, Nikolai Luganski. Gemeinsam mit der Sinfonia Varsovia unter der Leitung von Alexander Vedernikow interpretiert er zwei Klavierkonzerte von Chopin. Zu den Höhepunkten des Festivals zählen die Auftritte des Russischen Nationalorchesters, des London Philharmonia Orchestra und des Freiburger Barockorchesters. Der Pianist Andreas Staier wird mit dem Freiburger Barockorchester am 26. August das Concerto Polonaise in B-Dur von Georg Philipp Telemann sowie Werke von Johann Fasch und Johann Sebastian Bach spielen. Am folgenden Abend lädt das Symphonia Orchestra unter der Leitung des Stardirigenten Vladimir Aschkenasi in die Nationalphilharmonie ein. Gemeinsam mit Chopin-Preisträger Dang Thai Son wird es das symphonische Präludium „Polonia“ von Edward Elgar, das Klavierkonzert in a-Moll von Ignacy Paderewski sowie Rachmaninoffs Zweite Symphonie interpretieren.

Das Publikum hat zudem die Möglichkeit, bedeutende Künstler wie Nelson Freire, Sergej Krylov, oder Ivo Pogorelić zu erleben. Freire spielt gemeinsam mit Aschkenasi und dem Philharmonia Orchestra Stücke von Tschaikowski, Chopin und Sibelius. Krylov interpretiert mit Unterstützung des Russischen Nationalorchesters Werke von Tschaikowski, Wieniawski und Karłowicz. Pogorelić widmet sich am 20. August romantischen Werken von Chopin, Liszt und Schumann. Den Abschlussabend bestreiten mit Ingolf Wunder, Yulianna Avdeeva und Krzysztof Jabłoński drei Chopin-Preisträger. Gemeinsam mit dem Orchester der Warschauer Nationalphilharmonie unter Leitung von Jan Kaspszyk interpretieren sie Werke von Chopin und Rachmaninoff.

Den Höhepunkt des Chopin-Jahres stellt das Finale des Internationalen Chopin-Wettbewerbes im Oktober dar. Nach den Vorausscheidungen im April 2015 sind derzeit noch 84 Pianisten aus der ganzen Welt im Rennen. Sie treten vom 3. bis 16. Oktober in drei Ausscheidungsrunden gegeneinander an. Wer es bis in die Endrunde schafft, muss während des Finales vom 18. bis 20. Oktober eines von zwei Klavierkonzerten des großen Komponisten interpretieren. Unterstützt werden die Nachwuchskünstler dabei vom Orchester der Warschauer Nationalphilharmonie.

Eröffnet wird die letzte Phase des Wettbewerbes mit feierlichen Konzerten früherer Wettbewerbssieger. Am 1. Oktober werden Martha Argerich und Nelson Goerner im Konzertsaal der Nationalphilharmonie erwartet. Gemeinsam mit dem renommierten Klangkörper unter Leitung von Jan Kaspszyk werden sie Werke von Schumann und Paderewski sowie ein eigens für diesen Anlass komponiertes Konzert von Krzysztof Penderecki spielen. Am 2. Oktober wird Garrick Ohlsson mit dem Männerchor und dem Orchester der Philharmonie unter Wojciech Rajski ein Klavierkonzert von Feruccio Busoni interpretieren.

Anlässlich des 166. Todestages Fryderyk Chopins am 17. Oktober wird es in der Warschauer Heiligkreuzkirche ein außerordentliches Oratorium geben. Ab 20.00 Uhr werden Chor und Orchester der Nationalphilharmonie unter Jacek Kaspszyk Mozarts Requiem spielen. Als Solisten kann das Publikum an diesem Abend Matthew Brook, Robert Getchell, Lenneke Ruiten und Ingeborg Danz erleben. Mit Spannung wird schließlich der Juryspruch erwartet, der am 20. Oktober fallen wird. Vom 21. bis 23. Oktober werden die drei Erstplatzierten ihre Siegerkonzerte erneut spielen.
Der Internationale Wettbewerb wurde erstmals im Jahre 1927 veranstaltet. Er findet im Abstand von jeweils fünf Jahren statt. Wer die Jury von seinen musikalischen Künsten überzeugen konnte, dem diente der Sieg oftmals als Sprungbrett für eine Karriere auf den Bühnen der Welt. Zu den früheren Gewinnern zählen neben Martha Argerich und Garrick Ohlsson auch Wladimir Aschkenasi, Krystian Zimerman oder Li Yundi. Auf den Gewinner warten in diesem Jahr 30.000 Euro Preisgeld.

Informationen:

Das Festivalticket in Duszniki-Zdrój ist für die Mehrzahl der Konzerte gültig und kostet 940 Złoty (ca. 225 Euro). Es ist ebenso wie Einzeltickets über die Homepage des Festivals erhältlich. www.festival.pl
Beim Chopin-Festival in Warschau kosten die Tickets je nach Sitzplatz und Art des Konzertes zwischen 30 und 150 Złoty (ca. 7 bis 35 Euro). Erhältlich sind sie über die Homepage des Festivals. www.en.chopin.nifc.pl
Informationen zum Chopin-Wettbewerb in Warschau unter www.chopincompetition2015.com Auskünfte über Reisen nach Polen erteilt das Polnische Fremdenverkehrsamt, www.polen.travel